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Infektionskrankheiten – eine unterschätzte Gefahr

Nicht nur Pandemien und Epidemien bedrohen die Menschheit. Auch meist ­ungefährlich verlaufende Infektionen werden zunehmend zu einer Bedrohung, denn unsere wichtigsten Werkzeuge gegen diese Erkrankungen, Antibiotika, verlieren durch schleichende Zunahme von resistenten Erregern ihre Wirkung.

Erste Anzeichen von schweren Komplikationen, z. B. einer Sepsis, sind zunächst oft unspezifisch und erschweren eine frühzeitige personalisierte Therapie. Im Falle einer lebensbedrohlichen Infektion zählt jede Minute. Schnellere und bessere Diagnoseverfahren haben ein großes Potenzial, Ärzt:innen in die Lage zu ­versetzen, rasch gezielte Therapien einzuleiten.

Infektionskrankheiten zählen weltweit zu den häufigsten Todesursachen und bleiben auch in Industrienationen eine Bedrohung. Fotos: CSCC Jena

G7 Academies’ Statement 2015

Infectious Diseases and Antimicrobial Resistence: Threats and Necessary Actions*

Neu auftretende Infektionskrankheiten und antimikrobielle Resistenzen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit weltweit und für jeden Einzelnen dar. Eine umfassende Strategie ist daher erforderlich, um Gesundheitsrisiken durch Infektionskrankheiten zu begegnen – eine Strategie mit einem viel sichtbareren politischen und öffentlichen Profil und einem übergreifenden Ansatz, der Gesundheits-, Landwirtschafts-, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik sowie weitere Politikfelder miteinbezieht. Die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten fordern: (1) die Beschleunigung der Erforschung und Produktion neuer antimikrobiell wirksamer Mittel, Impfstoffe und Diagnostika, (2) die Priorisierung der Forschungsagenda hinsichtlich der Schließung von Wissenslücken im Bereich der wichtigsten Infektionskrankheiten, (3) die Einrichtung globaler Überwachungsprogramme, (4) die Sensibilisierung der Gesellschaft und (5) eine koordinierte und rasche Reaktion auf größere Epidemien. Nur dann können die Ressourcen, die für eine optimale Prävention, Diagnose und Therapie für alle Menschen erforderlich sind, freigesetzt werden.

(…) In unserer immer stärker vernetzten Welt verbreiten sich Krankheitserreger schnell und grenzüberschreitend, so dass sie eine wachsende Gefahr für die Gesundheit und den Wohlstand der Weltbevölkerung darstellen.

Die derzeitige Lage ist ernst und nicht länger hinnehmbar. Neue Antibiotikaklassen, Impfstoffe und Diagnostika für Infektionskrankheiten sind dringend erforderlich. Die Wirtschaft wird dieses Problem allein jedoch nicht lösen, da sie die Investitionsrentabilität nur als gering wahrnimmt. Daher ist es dringend notwendig, Forschung und Entwicklung neuer Ansätze der Krankheitsprävention und -behandlung zu fördern.

Die wachsende Resistenz gegenüber Antibiotika und das Wiederauftreten großer übertragbarer Krankheiten wie z.B. Tuberkulose bedrohen die Errungenschaften der modernen Medizin, die Gesundheit unserer Gesellschaften und das Erreichen der Millenniumentwicklungsziele. Ein Verständnis für die wissenschaftlichen Grundlagen dieses Wiederauftretens ist vorhanden und im vergangenen Jahr wurden international bedeutende Beiträge zu antimikrobieller Resistenz geleisteti. Dennoch besteht die dringende Notwendigkeit der internationalen Koordination, um Ausbrüche über geographische Grenzen hinweg zu bekämpfen. (…)

Die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten haben kritische Maßnahmen identifiziert, die erforderlich sind, um die unmittelbare Bedrohung durch Infektionskrankheiten abzuwenden. Sie unterstreichen die Bedeutung einer internationalen Zusammenarbeit, die sowohl die Forschungsgemeinschaft als auch die Wirtschaft miteinbezieht.

Die folgenden Maßnahmen sind erforderlich:

Die Beschleunigung der Erforschung, Registrierung und Produktion neuer antimikrobiellwirksamer Mittel, Impfstoffe und Diagnostika

  • Neue Möglichkeiten für die Unterstützung identifizieren und erschließen, darunter öffentlich-private Partnerschaften, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Neuentwicklungen den Machbarkeitsbeweis („proof of principle“) erbringen.
  • Neue Antibiotika und Impfstoffe für die wichtigsten Krankheiten entwickeln und Möglichkeiten beurteilen, wie diese bis zu ihrer Verwendung in Reserve gehalten werden können. (…)
  • Attraktive Geschäftsmodelle und andere Anreize für verstärkte Bemühungen der Wissenschaft entwickeln und das wirtschaftliche Interesse wiederbeleben.
  • Die Entwicklung von Diagnostika, Impfstoffen und Therapien beschleunigen, um dem von hoch infektiösen Erregern ausgehenden Risiko besser entgegenzuwirken.

Die Schließung von Wissenslücken und die Priorisierung der Forschungsagenda

  • Die in der Grundlagenforschung bestehenden Lücken identifizieren und schließen undsicherstellen, dass Ergebnisse aus der angewandten Forschung in wirksameBehandlungsmethoden umgesetzt werden (und nicht in dem sogenannten Tal des Todesverbleiben). (…)
  • Innovative Strategien für die Prävention und rasche Diagnose von Krankheiten entwickeln. (…)

*) Kein offizielles G7-Dokument. Übersetzung aus dem Englischen durch Leopoldina: “G7 Academies’ Statement 2015: Infectious Diseases and Antimicrobial Resistence: Threats and Necessary Actions”.  Den vollständigen Text finden Sie zum Nachlesen auf den Seiten der Leopoldina.