Medizinischer Bedarf

Infektionskrankheiten – eine unterschätzte Gefahr

Nicht nur Pandemien und Epidemien bedrohen die Menschheit. Auch meist ­ungefährlich verlaufende Infektionen werden zunehmend zu einer Bedrohung, denn unsere wichtigsten Werkzeuge gegen diese Erkrankungen, Antibiotika, verlieren durch schleichende Zunahme von resistenten Erregern ihre Wirkung.

Erste Anzeichen von schweren Komplikationen, z. B. einer Sepsis, sind zunächst oft unspezifisch und erschweren eine frühzeitige, individuelle Therapie. Im Falle einer lebensbedrohlichen Infektion zählt jede Minute. Schnellere und bessere Diagnoseverfahren haben ein großes Potenzial, Ärzt:innen in die Lage zu ­versetzen, rasch gezielte Therapien einzuleiten.

Infektionskrankheiten zählen weltweit zu den häufigsten Todesursachen und bleiben auch in Industrienationen eine Bedrohung. Fotos: CSCC Jena

DART 2030 – Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie*

Antibiotika-Resistenzen (AMR) nehmen weltweit zu und werden mehr und mehr zu einer Herausforderung bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Humanmedizin und Tieren in der Veterinärmedizin. Sie bewirken, dass auch für bisher gut behandelbare bakterielle Infektionen nur noch wenige – ggf. auch gar keine – Therapieoptionen mehr zur Verfügung stehen. Zudem sind viele Errungenschaften der modernen Medizin wie z.B. Gelenksersatz, Chemotherapien bei Krebserkrankungen (…) ohne wirksame Antibiotika nicht denkbar.
Zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung von AMR ist ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, die in verschiedenen Bereichen ansetzen müssen. Der Globale Aktionsplan zu AMR, der im Jahr 2015 von der Weltgesundheitsversammlung verabschiedet wurde, fordert die Mitgliedstaaten auf, Nationale Aktionspläne zu entwickeln. Diese Nationalen Aktionspläne sollen, unter Berücksichtigung der Ziele des Globalen Aktionsplans, an die jeweilige nationale Situation angepasste Maßnahmen enthalten. (…) Dazu wurde die DART 2030 erarbeitet. Mit ihr sollen die mit der Vorläuferstrategie DART 2020 erzielten Ergebnisse weiter vertieft werden.

Handlungsfelder der DART 2030

1. Prävention

Maßnahmen des Infektionsschutzes tragen dazu bei, dass weniger Infektionen auftreten und dadurch weniger Antibiotika eingesetzt werden müssen. Zur Prävention gehören z.B. Hygienemaßnahmen und Impfungen aber auch die Eindämmung der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in und über die Umwelt sowie die Vorbeugung der Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen entlang der Lebensmittelkette.

2. Surveillance und Monitoring

Surveillance und Monitoring von Antibiotikaeinsatz und Antibiotika-Resistenzen sind notwendig, um in sämtlichen Bereichen den derzeitigen Stand feststellen sowie Verläufe und Trends erkennen zu können. Sie sind eine Voraussetzung, um gezielt Maßnahmen ergreifen und deren Wirkung messen zu können.

3. Sachgerechter Antibiotikaeinsatz inklusive Labordiagnostik

Antibiotic Stewardship (ABS) soll den indikationsgerechten Einsatz von Antibiotika und die bestmögliche antibiotische Behandlung sicherstellen und dazu beitragen, die Resistenzentwicklung zu reduzieren. ABS umfasst u.a. eine zuverlässige Diagnostik und die Wahl eines geeigneten Antibiotikums mit sachgerechter Therapiedauer, Dosierung und Darreichungsform.

4. Kommunikation und Kooperation

Über die Vermittlung von Informationen soll ein Problembewusstsein für Infektionen sowie den Zusammenhang einer ungezielten Antibiotikatherapie und der Resistenzentwicklung geschaffen werden. Auch die Informationsvermittlung in und durch Fachkreise einschließlich der Ausbildung, Fort- und Weiterbildung, soll gestärkt werden. Hinzu kommt der Austausch zwischen den beteiligten Sektoren und Interessengruppen. 

5. Europäische und internationale Zusammenarbeit

Antibiotika-Resistenzen sind eine globale Herausforderung, die nicht an Ländergrenzen haltmacht. Der globale Handel sowie Reisetätigkeiten sorgen für eine enge Vernetzung mit allen Regionen der Welt. Anderenorts entstandene Resistenzen können so zu einer weltweiten Verbreitung nicht mehr therapierbarer Erreger führen. Antibiotika-Resistenzen stellen eine globale Gesundheitsbedrohung dar und sind eine erhebliche Belastung für die globale Wirtschaft und Lebensmittelsicherheit. Um die Entstehung und Verbreitung von AMR weltweit einzudämmen, ist daher internationale Zusammenarbeit erforderlich.

6. Forschung und Entwicklung

Forschung und Innovation können einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung von Antibiotika-Resistenzen leisten. Es müssen alle relevanten Forschungsbereiche gestärkt werden – von der Grundlagenforschung über klinische Forschung, Versorgungsforschung, Forschung zu Public Health-Fragen, Umwelt- und Klimaforschung, Logistik bis hin zur Forschung in Zusammenarbeit mit der Gesundheits- und Lebensmittelwirtschaft, der Landwirtschaft, dem Bausektor und dem Gesundheitswesen und der Kommunikation. In allen Phasen der Forschung und Entwicklung soll das Verständnis für den Bedarf bzw. die klinische Praxis geschaffen und berücksichtigt werden.

*) “DART 2030 – Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie“, Stand: 7. Juli 2025, gemeinsam erarbeitet durch das Bundesministerium für Gesundheit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Bundesministerium für Umwelt. Vollständiger Text ist hier zu finden.